Tagelang immer nur dran vorbeigelaufen, plötzlich aufmerksam geworden und hingeschaut. Wieder eine kleine Rostwelt entdeckt, in meiner Nachbarschaft:
Am Straßenrand neben dem Bagger der Container - für mich eine Ausstellungsfläche
Und näher dran
Und nur mal so zum Größenvergleich, mit meinem Daumen daneben:
Ich habe die SiC-Schreibenden aufgefordert, etwas zu meinem neuesten Fundstück zu schreiben. Hier einige Beiträge:
Blub! Blub!
Dieser ganze Mist, der hier im Wasser schwimmt! Ich kriege immerzu etwas in mein Maul.
Es soll nicht sehr gesund sein, habe ich gehört. Was machen die Menschen nur mit ihrer Umwelt? Warum haben sie sich und damit ihr Umfeld so zugemüllt?
Was war das Wasser einst glasklar. Die Sonnenstrahlen drangen bis auf den Boden. Die Schatten, die die Pflanzen auf den Grund warfen, brachten eine Landschaft in Ruhe und Frieden zum
Vorschein. Die Kinder setzten sich ans Ufer, baumelten mit den Beinen im Wasser. Die Alten hielten lange Ruten ins Wasser und hofften auf einen dicken Fang. Alles war friedlich und normal. Aber
jetzt! Jeder wirft nur noch den Dreck aus dem Haus, Hauptsache der Schrott ist vor der eigenen Haustür entsorgt.
Ich will nicht mehr. Uns Tieren geht es nicht mehr gut auf dieser Welt. Nur ihr Menschen werdet es erst verstehen, dass das ganze System kippt, wenn wir nicht mehr da sind.
Iris Other
Wir müssen dieses Stückchen Land auch noch besetzen!
Nein, wir haben es zuerst gesehen! Uns steht es zu!
Wieso euch? Wir haben doch erst die Karte erstellt und die Koordinaten bestimmt. Uns allein steht‘s zu!
WIR! sind die Großmacht! Uns gehört jedes Stückchen Land, und sei es noch so klein.
Ein Großmaul seid ihr! Ein rechtes.
Wir zuerst! das war immer schon unsere Devise. Macht Platz!
Kommt nicht in Frage! Hier wird gekämpft. Wie das richtige Großmächte tun. Und erst der, der die Anderen besiegt und vernichtet hat, ist der Größte.
Alle setzten ihre neuesten und heftigsten Waffen ein. Es war ein schreckliches Gemetzel über viele Tage hinweg. Als sich der Rauch, die kleinen Partikel von Irgendwas und kleinste Fetzen von Menschenteilen gelegt hatten, stand einer auf dem Hügelchen, das von dem kleinen Stück Land geblieben war, und hielt den Daumen hoch. Ganz allein stand er da. Es gab nicht einmal mehr eine Fake News, die er noch bekämpfen konnte.
Iris Other
Jetzt stehe ich hier, einsam und verlassen. Warum beachtet mich kaum noch einer. Und dabei kann ich doch so viel für die Menschen tun. Ihren ganzen Dreck und Abfall können sie bei mir entsorgen, ohne dass ich mich beschwere. Immer rein in mich. Ich bin immer offen gewesen. Aber keiner beachtet und würdigt es richtig. Ja in der Vergangenheit, da hat man noch was für mich übrig gehabt. Da hat man mich gehegt und gepflegt. Zuerst, ganz zu Anfang meiner aufopferungsvollen Tätigkeit, da hatte man mich schön weiß angestrichen und wunderbar beschriftet. "Industries" hat da auf mir gestanden. Das hat sich richtig schön international angehört, schon so richtig weltmännisch.
Und dann hat man mich verkauft, an irgend so ein Abrissunternehmen. Der Besitzer hat nichts Besseres gewusst, als mich von seinen Arbeitern, die hier für einen Mindestlohn ackern, so gelb-orange anstreichen zu lassen. Gut, nach einiger Zeit hatte ich mich daran gewöhnt. Aber dann bin ich schon wieder verkauft worden und mein neuer Besitzer meinte mich grün anstreichen zu müssen. Ich weiß jetzt auch nicht, ob das politisch gemeint gewesen ist. Ja jetzt bin ich schon ein Drei-Schichten-Modell. Ähnlich wie die geplatzte Jamaika-Koalition, platzt bei mir auch immer mehr Farbe ab. Gott sei Dank darf ich da selber etwas mitspielen. Ich habe mir jetzt mal so einen kleinen gelben Pferdekopf gestaltet, mit dem ich etwas wehmütig zurück in die Vergangenheit schauen kann. Ja da lässt sich schön träumen. Vielleicht bin ich dann irgendwann wieder weiß und man beachtet mich wieder. Nicht nur als Abfalleimer für Cola-Becher und McDonald's-Tüten. Ich bin da nicht ganz ohne Hoffnung. Jetzt war auf jeden Fall schon mal eine Frau mit einem Fotoapparat da und hat Bilder gemacht. Vielleicht lande ich ja so auch in einer Ausstellung.
Martin Sowa
Der Bagger
Genervt schiebt sie den Kinderwagen an dem rostigen Ding vorbei. Der kleine Junge im Wagen streckt den Zeigefinger aus und ruft begeistert: Bagger, Bagger! Abrupt bleibt sie stehen und plötzlich, ganz unmittelbar kommt ihre gute Laune zurück. Ja, tatsächlich, das ist ein Bagger. Viele Worte kennt er noch nicht, aber eines der ersten nach Mama und Papa war „Bagger“. Immerhin, was ein Bagger ist, das weiß er schon mal, obwohl das rostige Ding da vor ihnen sicher seine besten Tage hinter sich hat!
Helga Hertkorn
Rost
Es klebte an meiner Schuhsohle. Ein kleines rostiges Plättchen, grün mit weißen Farbresten. Ich wusste gleich, wozu es gehörte: zur alten, hässlichen Gießkanne in der hinteren Ecke meines Gartens. Ihr Anblick machte mir immer ein schlechtes Gewissen. Die alte, hässliche Gießkanne war eines der Lieblingsstücke meiner verstorbenen Mutter. Sie war eine leidenschaftliche Gärtnerin und eine leidenschaftliche Gartenanschauerin gewesen. Von einem ihrer gärtnerischen Streifzüge in England brachte sie diese Gießkanne mit nach Hause: etwas altmodisch, grün, mit irgendeinem kitschigen Spruch wie „my garden is my castle“ in Weiß darauf. Sie hatte diese Gießkanne geliebt, gepflegt und ihr einen besonderen Platz im Garten gegeben. Nach dem Tod meiner Mutter kam dieses Lieblingsstück wie viele andere Dinge zu mir. Ich stellte die Gießkanne in die Abstellecke, benutzte sie nicht, ließ sie verrosten und die Farbe abblättern, vergaß sie. Es war ein Lieblingsstück meiner Mutter, nicht meins. Das Stück Rost an meiner Schuhsohle brachte sie mir wieder in Erinnerung. Ich sollte sie wegwerfen, zum Altmetall geben. Dann müsste ich aber etwas anderes in diese Ecke stellen. Aber was? Mir wollte partout nichts einfallen. Irgendwie war ich froh darüber.
Monika Toman
Kommentar schreiben
Kookie (Freitag, 26 Juni 2020 17:29)
Es macht immer wieder Freude, auf deine Seite zu gehen!
Tolles Foto - tolle Beiträge!
Und schon wieder neue Sichtweisen!
Heide (Freitag, 26 Juni 2020 19:44)
Danke. Ja, diese Art von Bild löst andere Bilder im Kopf aus, und sogar verschiedene in verschiedenen Köpfen. Das ist auch für mich eine Freude.