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Wenn heute nicht dein Tag ist, wem gehört heute dann?

 Schreiben-on-Tour gestern.

Diesmal habe ich eine Protagonistin losgeschickt, die nicht mit sich im Reinen ist:

 

Ein freier Tag. Du suchst Erholung und Natur, steigst in den Bus, fährst raus.

Der fest getretene Pfad am Fluss ist trocken, die Erde aufgerissen, das Gras am Rand verwelkt. Der Zufluss ein Rinnsal, er fließt nicht, tropft bloß. Die Nase weigert sich, den Moder hier einzuatmen, die Stille tut in den Ohren weh. Eine Glocke schlägt dich zurück in Zeit und Sound, du merkst: Die Stille ist nicht leer, sondern ein Summen von Straßen, irgendwo. 

Nun versuchst du dir absolute Stille vorzustellen und weißt nicht, wo du sie finden sollst. In deinem Kopf, deiner Erinnerung? Oder doch draußen, in einem Moment im Hier und Jetzt, im Dann und Dort? Du weißt nicht, wie du suchen sollst, mit Ohren? Mit Gedanken? Du vergisst, was du suchen wolltest, hier ist doch nichts und niemand.

Weit und breit niemand.

Wer sich in Gefahr begibt … und so. Das sagte Mutter immer. Sagt sie wohl noch, aber du hörst nicht zu, du willst sie nicht mehr hören.

Trotzdem. Wenn hier jetzt einer käme und du meilenweit vom nächsten Ort entfernt – Gefahr, wie Mutter sie beschworen hat? Ich bin hier nicht alleine, könntest du dem sagen, der da kommt. Das wäre nicht einmal gelogen. Denn wirklich bist du nie allein. Sie sitzen dir im Nacken, Mutter, die ältere, angeblich kluge Schwester, der Lieblingslehrer auch, der dich sonst so gelobt hatte und plötzlich fand, es reiche nicht fürs Studium bei dir. Die haben immer mitzureden, wo du auch bist. So dass du plötzlich weder die Stille noch das Summen hörst, bloß noch die Stimmen in deinem Kopf, Mutter und Schwester, Lehrer, die Kollegin – was machst du eigentlich hier – was soll das – mal wieder Zeit vergeudet – so kann ja nie was aus dir –

Und du bist froh, weil nun ein Flugzeug durch die Stille, mitten durch die von Stimmen angefüllte Stille fliegt und sie zerreißt.

Und dir wird klar, die Stimmen werden immer dann besonders laut, wenn du zur Ruhe kommst. Ein Weg am Fluss und Bäume, Himmel – und diese Stimmen.

Und du beschließt den Auszug aus dem Paradies, das keines ist und keines sein will und werden kann für dich. Zurück zum Busbahnhof.

Scherbental, liest du. Das klingt besser, da gehörst du hin.

Und an der Haltestelle dort findest du Fetzen, alte Papierschichten, übereinander geklebt, verkrustet. Abgerissenes findest du, Geschmier. Und Farbe findest du und Leben, Bilder, laut und behutsam. Und zwei, drei, vier Dimensionen, Landkarte der Vergangenheit und Gegenwart, dein Lächeln findest du vor diesen Fetzen und vielleicht eine Zukunft. 

So sah die ganze bunte Ausstellung auf der Plakatwand aus.
So sah die ganze bunte Ausstellung auf der Plakatwand aus.

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